Als Trainerin deutscher Business-Etikette werde ich öfter gefragt, wie die Sitten in Asien sind.
„Wer andere kennt, ist klug. Wer sich selbst kennt, ist weise“. Uns Deutschen wird wieder bewusst, dass Stil und Umgangsformen für das menschliche Zusammenleben wesentlich sind. Wer die Etikette beherrscht, ist viel entspannter – ganz besonders im Ausland, wo gute Umgangsformen einen noch viel größeren Raum einnehmen. Etikette – vereinfacht gesagt: Respekt, Rücksichtnahme und Bescheidenheit. Beste Voraussetzungen, um auf der Welt Erfolg zu haben.
Um geschäftlich in Japan erfolgreich zu sein, sollte man die Traditionen und Gepflogenheiten des Landes kennen und respektieren. Ein wenig Hintergrundwissen mag dem Interessierten helfen, sich in Japan besser zurecht zu finden und bildet eine Grundlage für das notwendige Verständnis japanischer Eigenheiten im Geschäftsleben wie im Alltag.
Mein Tipp: Ihr Asiatischer Partner ist zunächst an Ihnen persönlich interessiert
Geschäftsbeziehungen sind Personenbeziehungen. Natürlich möchte Ihr Partner ein qualitativ hochwertiges Produkt kaufen. Aber eben nur, wenn er überzeugt ist, dass man sich auf Sie verlassen und er auch langfristig mit Ihnen zusammenarbeiten kann. Deshalb möchte er Sie kennen lernen: beim gemeinsamen Essen, bei Barbesuchen oder beim Karaokesingen. Erst, wenn er Vertrauen zu Ihnen hat, wird er über Produkteigenschaften, Lieferbedingungen und Preise nachdenken. Nehmen Sie sich deshalb Zeit zum Aufbau von neuen Kundenbeziehungen in Japan und nehmen Sie an Zeremonien wie die der Kirschblüte teil.
Eine japanische Firma feiert Kirschblüte
Das ist das Zauberwort in Japan für Frühlings- und Festivalzeit. Die Bäume sind über und über mit rosa Blüten bewachsen und erstrahlen bei Tag und bei Nacht im wunderschönen Glanz. Wenn es dann soweit ist, tanzt das Volk glückstrunken unter den Blüten. Das sieht dann so aus: Großfamilien und Firmenabteilungen ziehen mit kompletter Ausrüstung in die Tempelanlagen und Parks und lassen sich dort nieder. Es werden auf dem Boden Zeitungen bzw. Pappe oder Matten ausgebreitet, auf denen man im Oval im Schneider – bzw. Damensitz in froher Runde zusammen ist und – isst; die Schuhe werden außerhalb natürlich ausgezogen. In der Mitte der Runde türmen sich die Essensberge und Flaschenmeere. Es ist Sitte in Japan, alle möglichen Alkoholika zu trinken, also zuerst Bier, dann Sake und zum Höhepunkt Whisky. Die Wirkung ist entsprechend. Wenn dann die Stimmung dem Höhepunkt zustrebt, muss allerdings der eine oder andere eine kleine Verschnaufpause einlegen, indem er sich auf dem Zeitungspapier am Rande der Gruppe längs legt und etwas schläft. Manchmal rollt er leicht zur Seite in Richtung Fußweg. Das stört aber keinen. Einige kippen auch urplötzlich nach vorne weg und finden sich dann mit der gesamten Montur im rohen Fisch und Reissalat wieder. Auch das trägt eher zur Stimmung bei, als dass es irgendeinen stört. Zur weiteren Freude der Teilnehmer darf sich jeder mit Singen von Popsongs üben. Es werden tragbare Verstärker mit Kassettenrekorder für die Hintergrundmusik mitgebracht, Textbücher und Mikrophone für die „Popstars“. Und es wird gesungen, was das Zeug hält. Dieses Singsang wird „Karaoke“ genannt und ist in Japan sehr beliebt. Es ist ein Muss, daran teilzunehmen. Für jeden Popstar gibt es Szenenapplaus und am Ende Beifallsstürme. Und wehe, man kann als Deutscher die bekanntesten deutschen Lieder wie „der Lindenbaum“, „Heideröslein“, „Lorelei“ und „Abschied“ nicht singen – natürlich mit Texten.
Am Ende der Parties steht die ganze Runde dann auf (mehr oder weniger senkrecht) und singt ein Lied auf die ruhmreiche Zukunft der Firma. Jeder spricht sich Mut zu für vermehrte Anstrengung und höheren Arbeitseinsatz. Anschließend geht’s nach Hause oder zur 2. Party, wobei die vielfältigen Spuren von Essensresten an den verknitterten und aus der Facon geratenen Nadelstreifenanzügen beredtes Zeugnis geben über die Anstrengungen und Freuden der Kirschblütenparty.
Ich danke Dr. Hanne Seelmann-Holzmann (www.Seelmann-Consultants.de) und Dr. Ulrich Meck, beide Asienspezialisten, für ihre Hilfe.
Friederike von der Marwitz
Etikette im Globalen Business
www.von-der-marwitz.de
etikette@von-der-marwitz.de
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