Die Industriegesellschaft wandelt sich zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft. Themen wie lebenslanges Lernen, Flexibilität, Veränderungsmanagement werden immer wichtiger, um im heutigen Wettbewerb erfolgreich zu sein.
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Dagmar Terbeznik
Dagmar Terbeznik ist Coach und Beraterin für Unternehmen, Fach- und Führungskräfte, Teams und Einzelpersonen. Ihre Themenschwerpunkte sind Familienfreundlichkeit, Vereinbarkeit, Stressbewältigung sowie Veränderungsprozesse. kontakt @work-life-coaching.de www.work-life-coaching.de
Arbeitgeber haben schon lange erkannt, dass soziale Kompetenzen ein wichtiger Faktor für wirtschaftlichen Erfolg sind. Dies lässt sich an den Texten von Stellenanzeigen ebenso ablesen, wie an den unzähligen Seminaren rund um dieses Thema, für die oftmals große Budgets bereitgestellt werden. Unternehmen suchen Arbeitskräfte, die immer wieder Neues lernen, Konflikte lösen, Prioritäten setzen, flexibel und schnell auf veränderte Anforderungen reagieren und Verantwortung übernehmen.
Schlüsselqualifikation ohne teure Seminare
Die gewünschten Fähigkeiten in der Business-Sprache kennen alle:
• Durchsetzungsvermögen • Eigenverantwortung • Einfühlungsvermögen • Integrationsfähigkeit • Kreativität • Organisationstalent • Kommunikationsfähigkeit • Stressresistenz • Teamfähigkeit • Zeitmanagement
Wie lassen sich diese Kompetenzen am besten trainieren? Im Outdoor-Training? In verhaltensorientierten Seminaren? Studium der einschlägigen Berater-Literatur? Coaching? Das sogenannte formelle Lernen findet in Schule, Ausbildung und Weiterbildung statt.
Es gibt viele Möglichkeiten. Schwierig ist in der Regel der sogenannte Praxistransfer, das Umsetzen im betrieblichen Alltag.
Entscheidend ist oftmals, was man „im Leben“ lernt. Sogenannte informelle Lernfelder finden sich in der Familie, im Freundeskreis, im ehrenamtlichen Engagement u. ä. Untersuchungen zufolge stammen mehr als 70 % der häufig sogar ganz unbewusst erworbenen Fähigkeiten eines Menschen aus diesen informellen Lernfeldern.
„Familie“ verbinden viele von uns mit der Tradition von Hausfrau und Mutter, die ganz andere Aufgaben erledigt als Manager oder Fachkräfte. Eine logische Schlussfolgerung ist demzufolge auch, dass „Familienmanagerinnen“ Kompetenzen entwickeln, die im Wirtschaftsleben nicht nachgefragt werden. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ist das wirklich so? Tatsächlich sind genau die Fähigkeiten im Familienmanagement gefragt, die als Soft-Skills auch in Organisationen entscheidend sind.
Learning by doing – Management im Familienalltag Nehmen Sie ein typisches Beispiel aus dem Familienalltag: Das Kind ist krank. Für den Tag war geplant, das Auto zur Inspektion in die Werkstatt zu bringen, Wäsche zu waschen, am Nachmittag sollte das Nachbarkind zum spielen kommen, so dass zwei Kleinkinder zu beaufsichtigen wären. Was ist nun zu tun? Ein neuer Plan ist zu entwickeln.
Welche Fähigkeiten sind in dieser Situation erforderlich? Prioritäten setzen, Flexibilität, Verantwortung übernehmen, Entscheidungsfähigkeit, Organisationsvermögen, Kommunikationstalent etc.. Der Werkstatt-Termin ist gegen einen Arzt-Termin zu tauschen, der Spiel-Nachmittag ist zu verschieben und die Wäsche wird erst nachmittags anstatt vormittags gewaschen. Eltern tragen Verantwortung für eine gute Entwicklung eines Kindes, Manager für die gute Entwicklung eines Produkts – es sind verschiedene Welten, die dennoch einiges gemeinsam haben.
Mitarbeiter mit Familienerfahrung gesucht!
In der Familie wird nicht formal gelernt, aber durch Erfahrungen. Aufgrund ihrer Unmittelbarkeit, Verantwortlichkeit, Verbindlichkeit und der emotionalen Bezüge wird in Familien deutlich nachhaltiger gelernt als in ausgefeilten Trainings.
Unternehmen können familienbedingte Auszeiten also als Benefit sehen. Ein guter Grund nicht nur Frauen in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen, sondern auch Männer. Dies hat zum einen den Vorteil, dass Mütter und Väter bei einer Arbeitsteilung der Familienarbeit auch beide in der Berufstätigkeit kürzer ausfallen bzw. minimal verkürzt arbeiten -z. B. jeder nimmt 6 Monate Elternzeit, statt einer von beiden 12 Monate, anschließend arbeiten beide 30 Stunden/Woche, anstelle einer 40 und der andere 20. Zum anderen erwerben beide Kompetenzen, die für Arbeitgeber durchaus nützlich sind.
Steigern Sie als Unternehmen also nicht nur die Attraktivität als Arbeitgeber, indem Sie familienfreundliche Maßnahmen wie Teilzeit, Telearbeit oder betrieblich unterstützte Kinderbetreuung anbieten. Machen Sie sich auch Ihren Nutzen der Kompetenzentwicklung Ihrer Mitarbeiter mit Familie bewusst. Auch bei Neueinstellungen sollten diese Aspekte Berücksichtigung finden. Vielleicht steht in Ihrer nächsten Stellenausschreibung ja „Mitarbeiter mit Familienerfahrung gesucht!“?
Dieser Artikel erschien auf: http://berlin.business-on.de/soft-skill-training-im-familienalltag_id1250.html |